Unser Kinder-Reigen Laden in Freudenstadt

Chronik

Die Kinderbuchautorin Else Schwenk-Anger, die ihre Bilderbücher im eigenen ESA-Verlag erfolgreich herausbrachte, gründete 1990 den Spielzeug-Laden „Kinder-Reigen“ in Alpirsbach. Der ganze Erlös war für notleidende Kinder bestimmt. Als die Schreckensbilder der rumänischen Waisenkinder um die Welt gingen, fuhr Else Schwenk-Anger Ostern 1991 nach Rumänien in das Waisenhaus in Lipova, um dort finanziell zu helfen.
Obwohl erste Hilfen im Waisenhaus Lipova bereits durch das Staatsministerium Bayern und den ASB Würzburg geleistet wurden, war die Not der Kinder groß, vor allem die seelische Not. Völlig geschockt nach ihrem 3-tägigen Aufenthalt im Gefängnis ähnlichen Waisenhaus war ihr klar, hier muss geholfen werden.
„An diesem Elend kann ich nicht vorbei gehen,“ sagte sie zu Hause zu ihrem Mann Werner Schwenk und ihren studierenden Kindern Eva, Steffi und Axel. „Wir werden dir helfen, so gut wir können,“ sagte ihre Familie. „Wir werden dir finanziell helfen“, sagte ihre Freundin Romy und auch ihre Buchhändler-Freundin Katharina Linnemann, was beide sehr großzügig taten und immer noch tun. Auch die Druckerei Uhl, die Else Schwenk- Angers Bücher druckte, spendete sehr großzügig.

Statt einem neuen Bilderbuch, wie sonst alljährlich, präsentierte Else Schwenk-Anger an ihrem Messestand auf der Frankfurter Buchmesse den „Brief an Joana“ und das neu entworfene Poster „Kinder-Reigen“ (das in den ersten zwei Jahren dem Verein „Kinder-Reigen“ allein 65 000.- DM brachte). Sie machte damit auf die Not der rumänischen Waisenkinder aufmerksam. Allen Paketaussendungen im ESA-Verlag wurden entsprechende Rumänien-Prospekte beigepackt. Bald gingen viele Paten- und Mitgliedschaften und Spenden ein. Kinder-Reigen wurde dadurch ein überregionaler Verein.

Mit all diesem Vertrauensvorschuss kaufte Else Schwenk-Anger l992 von deutschen Aussiedlern in Lipova 2 Häuser, die sie „Sonnenblume“ und „Rose“ nannte, und die sie mit rumänischen Arbeitern unter großen Schwierigkeiten renovierte. In den Sommerferien halfen ihre Kinder und einige ihrer Freunde tatkräftig mit, während ihr Mann zu Hause die Stellung hielt. Der deutschstämmige Hans Luckhaup, der die rumänischen Büroarbeiten übernahm, und seine Ehefrau Rosel wurden in Lipova unsere Ansprechpartner.




In der Vorweihnachtszeit l992 konnten endlich die allerersten Kinder aus der Massenhaltung des Waisenhauses Lipova, nach Schwierigkeiten ohne Ende, von Else Schwenk-Anger herausgeholt werden. l2 Kinder zogen in Haus „Sonnenblume“ und 10 Kinder zogen in Haus „Rose“ ein. Das Wunder geschah! In den Familienhäusern mit schönen Gärten und Haustieren, betreut von lieben Pflegeeltern, blühten die Kinder auf und waren nach wenigen Monaten nicht wiederzuerkennen. Also konnte weitergemacht werden!
In den nächsten Jahren kaufte Else Schwenk-Anger mit Spendengeldern, vorwiegend ihrer Bilderbuchfans- und freunde, mutig weitere Häuser für den von ihr inzwischen gegründeten rumänischen Verein „Hora Copiilor“. Diese Vereinsgründung war notwendig, denn in Rumänien durften Ausländer keine Häuser kaufen. Alle von ihr gekauften Häuser liegen verstreut in der Stadt Lipova. So waren die Waisenkinder in unseren Familienhäusern gleich voll integriert und sie lebten wie die Nachbarskinder. Es wurde sehr darauf geachtet, dass unsere Familienhäuser sich nicht überheblich von den Häusern der Bevölkerung abhoben. Mehr Wert wurde auf liebevolle Betreuung der Kinder gelegt. Alle Häuser sind in den Farben der Blumen gestrichen, nach denen sie benannt sind. Das Emblem „Kinder-Reigen/Hora Copiilor“ unterscheidet sie von den anderen Häusern des Orts.



Die komplette Innenausstattung unserer ersten 3 Häuser sowie viel Kleidung wurde in einem Großtransport von Alpirsbach aus gestartet. Weitere folgten, auch von Herrn Sahr aus Kämpfelbach aus. Ab 1994 wurden fast alle Hilfstransporte für die Ausstattung unserer Häuser von unseren aktiven Fördergruppen Rheda-Wiedenbrück und Augustdorf übernommen. Auch an die notleidende Bevölkerung wurde jede Menge von diesem Segen abgegeben.

In den ersten schwierigen Jahren (a la Nachkriegsdeutschland) verbrachte Else Schwenk-Anger viel Zeit in Rumänien, um den Projektaufbau „Hora Copiilor“ voran zu bringen, bei den Renovierungen der Häuser dabei zu sein, (auch die Ärmel selbst hochzukrempeln) und Probleme ohne Ende zu lösen. Wie froh und dankbar war sie, wenn meist in der Ferienzeit tatkräftige Hilfe aus Deutschland kam: Ihre Familie, Freunde Jugendliche, Fachleute für Bau, Bürokratisches und Rechtliches. Besonders ausdauernd und aktiv waren die Gruppen Rheda-Wiedenbrück und Augustdorf. Gemeinsam mit vielen idealistischen tüchtigen Mithelfern von überall her konnte erreicht werden, dass die letzten Kinder aus dem Waisenhaus zum 1. 1. l999 heraus waren.

Das Waisenhaus Lipova wurde am 1.1.1999 geschlossen. Über 100 Kinder aus diesem Waisenhaus fanden in unseren Kinder-Reigen-Familienhäusern ein gutes Zuhause. Die letzten kamen in unser Haus „Vergißmeinnicht“, denn auch sie sollten nicht vergessen sein. Es war unser Anliegen, dass zunächst so rasch und so viele Kinder wie möglich aus dem üblen Waisenhaus heraus kamen. In Rumänien gab es allgemein größere Familien als in Deutschland. Wir konnten beobachten, dass 10 Kinder pro Haus immer noch die erwünschte Familienstruktur aufweisen und dass die Kinder bei liebevoller Betreuung glücklich sind und sich gut entwickeln können.

  Else Schwenk-Anger

Der intensive Aufbau des Projekts Kinder-Reigen/Hora Copiilor war für Else Schwenk Anger nur dadurch möglich. weil ihr Ehemann Werner Schwenk sie großzügig unterstützte, vor allem zu Hause. Als er l996 schwer erkrankte, war für sie klar, dass ihr Platz jetzt ausschließlich an seiner Seite war. (Ein Jahr später verstarb er.) Wie sollte es in Rumänien weitergehen? Genau zu dem kritischen Zeitpunkt fügte es sich, dass sie die junge Kinderärztin Frau Dr. Emilia Gheorgheoiu kennenlernte. Ihr konnte man die Gesamtleitung des Projekts Hora Copiilor anvertrauen. Sie wurde die vertrauenswürdige, kompetente dauernde Ansprechpartnerin (oft täglich telefonisch.) Sie wurde auch die erste Vorsitzende des Vereins „Hora Copiilor“ in Rumänien.


                                                                                                                          Dr. Emilia Gheorgheoiu